Warum können Werbeagenturen keine guten WWW-Seiten schreiben?

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Die Praxis der Werbeagenturen

Werbeagenturen müssen oft hart um Aufträge kämpfen. Gerade zum Gewinn eines grösseren Etats müssen sie in Präsentationen zeigen, was sie können. Also müssen WWW-Seiten bei einer solchen Präsentation beim Kunden auf den Rechnern der Kunden möglichst optimal aussehen. Besser als die der Mitbewerber. Folgerichtig wird selten Rücksicht darauf genommen, wie diese WWW-Seiten auf den Rechnern der Leser in freier Wildbahn aussehen. Hat der Vorstand des Kunden den Entwurf abgenickt, ist der Etat im Portefeuille. Sieg.

Aus eigener, schmerzhafter Erfahrung weiss ich, wie schwierig es ist, Kunden Wünsche zur Gestaltung auszureden, die den Prinzipien des Mediums WWW zuwiderlaufen. Es ist auch nicht sonderlich gewinnbringend und macht auch nicht unbedingt Spass. Schöner ist es, Kunden sinnvolle Einzelheiten für ihre WWW-Seiten verkaufen zu können.

Es gehört aber zu einer guten Beratung, dem Kunden das Konzept für seine WWW-Seiten zu erklären, das die Möglichkeiten des Mediums WWW auch nutzt, und ihm nicht auf Wunsch alles auf seinen Bildschirm zu zaubern, was er gerne hätte. Gut beratene Kunden sind zufriedene Kunden. Kunden mit erfolgreichen WWW-Seiten sind dankbare, zufriedene Multiplikatoren.

Werbeagenturen widersprechen Kunden nur ungern. Werbeagenturen neigen dazu, gerne jeden Wunsch des Kunden umzusetzen, wenn nur ausreichend Programmier-Aufwand dafür abgerechnet werden kann.

Dass sie damit niemandem einen Gefallen tun, wird gern und oft ignoriert. Werbeagenturen übersehen gerne, dass die WWW-Seiten ihres Kunden nicht für die hochtechnisierte Ausstattung in ihren "web labs", und auch nicht für die edlen, ständig brandneuen Rechner in der Vorstandsetage ihrer Kunden geschrieben werden, sondern für uns, die Verbraucher. Wir sollen die beworbenen Produkte kaufen. Wir müssen die Informationen darüber lesen können:

  • auf alten, liebgewordenen, Computern, aus der Zeit, als sie noch nicht so oft abstürzten, mit kleinen Monitoren, die so nett in das Regalfach passen,
  • auf dem topmodernen "Handheld", dass so schön klein ist, und so effektvoll in einer Besprechung aus der Tasche gezogen werden kann,
  • auf der Braille-Zeille oder durch den Lautsprecher bei einem Leser, der blind oder stark sehbehindert ist, und den Text ertastet, oder sich vorlesen lässt,
  • auf dem coolen WML-fähigen Handy, dass die WWW-Seiten sehr stark reduziert auf 320x480 Pixeln sauber lesbar wiedergibt (Wenn man ihm eine Chance gibt),
  • auf der Leinwand im Vortragsraum des potentiellen Kunden, der sich bis dahin sehr für die beworbenen Produkte interessierte,
  • und natürlich auch auf dem topmodernen Multimedia-PC mit allen aktuellen technischen Finessen und sämtlichen denkbaren Plugins.

Nochmal zum Mitmeisseln: Im WWW bestimmt der Empfänger mit seiner technischen Ausstattung und seinen individuellen Software-Einstellungen die Gestaltung der Botschaft. Nicht der Absender, nicht der "Webdesigner", nicht die Werbe-Agentur, auch nicht mit verdoppeltem Etat.

Es ist offensichtlich, dass die Tatsache der Vielfalt der Ausgabe-Medien noch lange nicht in den e-commerce-Labors der Werbeagenturen und erst recht nicht in den Köpfen der Entscheider bei den Kunden eingezogen ist.

Auch die kommunikative Qualität der Texte lässt sehr oft zu wünschen übrig.

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